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Illigdebatte

Hier sind Beiträge archiviert, die ich um den Jahreswechsel 1999/2000 in der Newsgroup de. sci. geschichte gepostet habe, und zwar im Rahmen der Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern der Zeitkürzungsthesen H. Illigs. Engagiertester Befürworter der Illig-Thesen in dieser Diskussion war damals Herr Günter Lelarge, an den ich mich mit einer Reihe polemisch zugespitzter Fragen wandte. Seine Antworten können Sie unschwer im Archiv der Newsgroup nachlesen.

Kritische Links zur Phantomzeit:

Franz Krojers Beiträge zur astronomischen Kritik an Illigs Thesen

Tilmann Chladek  befasst sich mit Illigs methodischem Ansatz und seinem großzügigen Umgang mit Belegen

1. Frage an Herrn Lelarge

Ich lasse mich auf die Hypothese ein, daß wir es mit drei  erfundenen Jahrhunderten zu tun haben, meinethalben +/- 614 bis 911 u.Z.. Zu den letzten unstrittigen Großereignissen vor dem Zeitsprung gehört die folgende willkürliche Auswahl:

- um 610 behauptet ein gewisser Mohammed, Visionen zu haben
- Sisibut wird König des Westgotenreichs
- Chlotar II. von Neustrien vereint das Frankenreich

Dann folgt der dreihundertjährige Zeitsprung. Mit dem ganzen erfundenen Quatsch befassen wir uns keine Sekunde, sondern schauen direkt in die Welt des Jahrs 911.

Im Vergleich zu 614 hat eine Expansion des Frankenreichs nach Osten und Süden stattgefunden. In welcher Zeit?

Andererseits ist das Frankenreich in zwei Hälften geteilt. Warum so plötzlich?
Chlotar von Neustrien ist spurlos verschwunden. In der Westhälfte des Frankenreichs schließt König Karl der Einfältige gerade einen Vertrag mit den Normannen. Wie kommen die so plötzlich in die Normandie? Woher kommt die Familie Karls? Wann und warum hat die herrschende Dynastie gewechselt?

Die Osthälfte des ehemaligen Frankenreichs wird gerade zum wiederholten Mal von den Ungarn heimgesucht. Von denen war 614 auch noch keine Rede. Wann sind sie in die europäische Geschichte eingetreten? 
Beherrscht wird die Osthälfte von König Konrad. Sieben Jahre später übernehmen die Liudolfinger, ein Geschlecht sächsischer Herkunft. Wie das? Karls des Großen Sachsenkrieg hat doch nicht stattgefunden.

Die iberische Halbinsel wird nicht mehr von den Westgoten dominiert, sondern durch das islamische Emirat von Cordoba. Wann und warum verschwand das Westgotenreich? Wie wirkungsmächtig müssen Mohammeds Visionen gewesen sein, um die islamischen Heere in fünf Jahren bis nach Spanien zu führen? Übrigens: wo ist Mohammed? Schon tot? So plötzlich? Und woher kommen die herrschenden islamischen Dynastien?

Kurz: ich bitte um Aufklärung, wie die beschriebenen Umwälzungen in der Handvoll Jahre vor und nach dem Zeitsprung stattgefunden haben sollen.

2. Frage an Herrn Lelarge

Wir sind uns doch darüber einig, daß die überlegene Hypothese mehr erklären muß, als die unterlegene?
Ich gebe zu, daß der Wettbewerb der Hypothesen noch lange nicht abgeschlossen ist, aber ich möchte schon einmal festhalten, daß wir darin übereinstimmen, daß Illigs Zeitsprunghypothese, was die Normannen und die Ungarn angeht, nichts schlüssiges zu bieten hat.

Wenden wir uns wieder Chlotar II. zu. Ich komme Ihnen ein Stück entgegen: Also gut, er wird 614 oder kurz darauf entthront, in einer kurzen konvulsischen Umwälzung zerfällt das Frankenreich. Die Merowinger verschwinden. In den beiden neuen Reichshälften erringen neue Dynastien die Macht. Und in dieser kurzen Zeit heftigster interner Machtkämpfe in beiden Nachfolgereichen gelingt ihnen die folgende auswärtige Expansion. Ich liste einmal auf, was alles 614 noch nicht zum Frankenreich gehört, aber sehr wohl unmittelbar nach dem Zeitsprung, um 911, zu den beiden Nachfolgestaaten:
Aquitanien, Septimanien, die Gascogne, die Spanische Mark, die Bretagne, Nord- und Mittelitalien (wo sind übrigens die Langobarden geblieben?), Alemannien, Baiern, Friaul, Kärnten, Ostmark, Thüringische Mark, Friesland und Sachsen.
Wirft das nicht mehr Fragen auf, als es beantwortet?

Aber bleiben wir bei Sachsen: 
614, vor dem Zeitsprung, haben die Franken nicht die geringste Chance, das Gebiet zu erobern. 918, nur sieben Jahre nach dem Zeitsprung, ist das Gebiet nicht nur vollständig unterworfen und gewaltsam christianisiert. Nein, überdies werden die soeben grausam Besiegten von den Siegern gebeten, doch bitte die Herrschaft über Ostfranken/Deutschland zu übernehmen. Und die Liudolfinger machen ihre Sache gar nicht schlecht, bis Otto III. auf die Schnapsidee mit dem Millennium und der Renovatio Imperii verfällt. Merkwürdig.

In Ihrer Antwort steht, ich zitiere: "Ganz lückenlos muß der Anschluß nicht unbedingt sein, da zunächst offen bleibt, ob die Jahre 614 und 911 alter Zeitrechnung direkt aufeinanderfolgen oder ob zwischen ihnen zwei, zehn oder fünfzig Jahre liegen, deren Geschichtsablauf nicht oder an anderer Stelle überliefert worden ist."

Die Zeitsprung-Argumentation verläuft also in folgenden Stufen:
1. Wir haben einen Zeitraum von 300 Jahren, für den es keine ausreichenden Belege gibt
2. Somit haben wir es mit einer Fälschung aus politisch/religiösen Motiven zu tun
3. Um den Erklärungsnotstand zu beheben, der sich aus dem Entwicklungsschub zwischen Anfang und Ende des Zeitsprungs ergibt, postulieren wir einen Zeitraum von "zwei, zehn oder fünfzig Jahren", für den es keine ausreichenden Belege gibt.

Tut mir leid, aber elegant finde ich die Lösung nicht. Warum soll bei 3 zulässig sein, was bei 1 nicht gilt?

Trotzdem schenke ich Ihnen die postulierten Jahre, meinethalben runde fünfzig. Es bleibt die Frage, wie schafft es der Islam, sich in dieser kurzen Zeit vom Stadtgebiet Mekkas über den ganzen Orient, tief nach Asien hinein, über ganz Nordafrika bis nach Sizilien, Spanien, ja bis Neapel (Besatzung endet 915) auszudehnen?

3. Frage an Herrn Lelarge

Sie schreiben, alle "Räder" seien zweimal erfunden worden, je einmal in der Phantomzeit und erneut in der realen Zeit. Und Sie benutzen dies als Argument dafür, es habe die Phantomzeit nicht gegeben.

Wenn die "Räder" aber doch erst von Zeitgenossen der Fälscher erfunden wurden, warum machen die Fälscher dann den taktischen Fehler, eine frühere Erfindung des "Rads" zu erfinden? Und das nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach. Das hätten sie doch besser auf sich beruhen lassen, wenn sie ihren Zeitgenossen keine unnötige Angriffsfläche bieten wollten.
Ist es nicht plausibler, daß Kenntnisse und Fertigkeiten mit einzelnen Menschen starben, mit Klosterbibliotheken verbrannt wurden, oder aus einer geplünderten Pfalz geraubt von illiteraten Barbaren, die den Wert ihres Raubs falsch einschätzten? Die den vergoldeten Buchdeckel mit heim nahmen, den Plan des Gewölbes aber herausrissen, um ein Segel damit zu flicken?
Das müßte man am Einzelfall diskutieren.

Auch die Diskussion über die Reconquista können wir irgendwann führen. Grundsätzlich müßten wir uns jedoch einigen, ob wir die Ereignisse nach 911 als gesichert betrachten wollen, oder die Phantomzeit ausdehnen.
Vor der Reconquista würde ich aber gern zuerst die Conquista abklären, das sonderbare Phänomen, daß es vor dem Zeitsprung keinen Islam gibt, daß er nach dem Zeitsprung aber die halbe Welt inklusive Spanien beherrscht. 

Wo sind die Westgoten geblieben? 614 Herrscher über Spanien - nach dem Zeitsprung verschwunden.

Wie sind die flüchtenden Omaijaden nach Spanien gekommen, haben das Emirat okkupiert und später den Kalifentitel angenommen? 614 gibt es noch keinen Islam - nach dem Zeitsprung regiert in Cordoba ein omaijadischer Kalif. Was lag dazwischen?

Sie verstehen nicht, warum ich Ihre postulierten unbelegten Jahre unelegant finde? Ganz einfach. Ich zitiere noch einmal aus Ihrer gestrigen News:
"Ganz lückenlos muß der Anschluß nicht unbedingt sein, da zunächst offen bleibt, ob die Jahre 614 und 911 alter Zeitrechnung direkt aufeinanderfolgen oder ob zwischen ihnen zwei, zehn  oder fünfzig Jahre liegen, deren Geschichtsablauf nicht oder an  anderer Stelle überliefert worden ist."
Ich finde unelegant, daß Sie zunächst 300 schlecht belegte Jahre leugnen, dann jedoch 50 überhaupt nicht belegte Jahre benötigen, um Ihre These zu stützen.

Illigs Landkarten ähneln sich für 614 und 911? Erstaunlich. Die italienischen Gebiete hätten schon 610 zum Frankenreich gehört? Das Langobardenreich wird also gestrichen? So geht das nicht. Wir müssen vereinbaren, ob wir die Phantomzeit erst 614 einsetzen lassen, oder auch schon vorher herumstreichen wollen. Ich bitte um zeitliche Präzisierung der These.
Und bezüglich der Langobarden hätte ich gern gewußt: Gab es sie oder gab es sie laut Illig nicht? Wenn es sie aber gab - wohin sind sie im Zeitsprung verschütt gegangen?
Nun zur "deutschen" Expansion des Frankenreichs am Beispiel Baiern. Es hätte bereits 614 zum Reich gehört? Hatte man nicht allergrößte Probleme, die widerspenstigen Baiern auch nur im losesten Bündnis zu halten? Und dann setzt nach 614 der innere Zerfall fränkischer Macht ein, und Baiern benutzt diese Chance nicht dazu, sich ganz aus der Abhängigkeit von den Franken zu lösen? Im Gegenteil - nach dem Zeitsprung finden wir es fest in den östlichen Reichsteil integriert? Wie das?

Nochmal zu Sachsen und den Liudolfingern, die, just unterworfen, von ihren siegreichen fränkischen Feinden schon die Krone aufgedrängt bekommen. 
Und ausgerechnet hierzu hat Illig sich noch keine erschöpfenden Gedanken gemacht? Ich zitiere:
"Die Art und Weise, in der Sachsen nicht nur tatsächlich zum Reich, sondern 919 auch zur deutschen Krone kam, wird andernorts dargestellt werden [bislang Illig 1992 fl. (Das erfundene Mittelalter)"
Handelt es sich bei den Liudolfingern nicht um das Geschlecht der Fälscher, die die ganze Phantomzeit erst ausgebrütet haben?

Gibt es wenigstens Zwischenergebnisse? Oder wollen wir uns begnügen mit "Herr Heinrich saß am Vogelbauer"?

4. Frage an Herrn Lelarge

Sie fragen nach Thüringen, und was dort vom Karolingerreich künde. Warum soll denn da was vom Karolingerreich künden, in dieser hakennasig ins Feindesland vorspringenden 806 besetzten Mark, in der eine deutsche Besiedlung erst ab dem 12. Jahrhundert stattgefunden hat? In dem ständig umkämpften Gebiet gab es selbstverständlich keine Pfalzen und Kuppeln und Klöster aus der fraglichen Zeit. Da gab es für die fränkischen Vorposten, wenn's hoch kam, einen Erdwall mit Holzpalisaden.

Und wo wir gerade bei den Baudenkmälern sind, und dem gänzlichen Fehlen langobardischer Hinterlassenschaften. Natürlich haben die Langobarden in Italien keine Bauten hinterlassen. Das liegt einfach daran, daß sie - selbst wenn sie es gekonnt hätten - nicht zu bauen brauchten, weil sie es sich in den vorhandenen Resten der römischen Antike gemütlich machten.

Und die angeblich gefälschten langobardischen Königsurkunden? Steht drauf, daß sie gefälscht sind? Sollten wir uns nicht lieber auf das beschränken, was wir wissen, nämlich, daß wir es mit Abschriften zu tun haben?

Einmal eine grundsätzliche Frage zu Illigs Fixierung auf Karl den Großen und dem lästigen Fehlen karolingischer Zeugnisse. Kann man das nicht auch eine Nummer kleiner erklären?
Vorschlag zu Güte: so groß war Karl der Große gar nicht. Das ist immer das Ergebnis, wenn man einer Propaganda auf den Grund geht. Die historische Person Karl wurde selbstverständlich kräftigst aufgebauscht, wer bitteschön hätte hier der Versuchung widerstehen können, sich die imperiale Tradition noch ein wenig imperialer zu basteln?
Aber muß man deshalb gleich 300 Jahre streichen?

Oder halt! Moment mal! Das reicht ja noch gar nicht, Sie schreiben ja in Ihrer letzten News:
"Es handelt sich um eine These. In den neuen Zeitensprüngen wird vorgeschlagen, den Beginn der Phantomzeit nach vorne zu rücken:  ins 6. Jahrhundert."

Und das finde ich nun in der Tat extrem unelegant. Erst streicht Illig 300 Jahre, weil sie schlecht belegt sind. Dann postuliert er zwischen 614 und 911 bis zu 50 Jahre, aus denen er uns leider, leider ganz und gar nichts erzählen kann. Jetzt verlegt er den Beginn der Phantomzeit nach vorne ins 6. Jahrhundert. Und wenn das nächste Buch verkauft ist? Und sein unlösbares logisches Kernproblem ist immer noch nicht gelöst? Und er kann immer noch nicht erklären, wie in null Zeit massig Veränderung stattfinden soll? Was dann?

Dann bleibt wohl nur noch die Argumention per Analogie.
Frage Frank: Wie kommen die Omaijaden nach Spanien? Was lag dazwischen?
Antwort Lelarge: "Nix. 1944 gab es noch keine Amerikaner und Franzosen in Deutschland: 1945 schon."

We are not amused.

5. Frage an Herrn Lelarge

Apropos Belege für die spanischen Omaijaden während der Phantomzeit:
Halb-Dinar aus dem omaijadischen Spanien, ca. 715, Gold, Dm. 11 mm, Paris, Bibliothèque Nationale
Dirham des Emirs Abd-Ar-Rahman I., geprägt in Cordoba 770/771, Silber, Dm. 28 mm, London, British Museum

Das kann ja heiter werden:
Sie fragen mich, welche Funde in Thüringen von der Karolingerzeit künden.
Ich erkläre Ihnen, warum gar keine zwingende Notwendigkeit für das Überdauern solcher Funde besteht.
Nun kontern Sie mit Weimarer Fundamenten und Grabbeigaben - Schmuck und gut datierbaren Münzen, allerdings nur bis ins 6. Jahrhundert.
Tun Sie mal was für meine Bildung, Herr Lelarge! Erklären Sie mir, inwiefern das 6. Jahrhundert zur Karolingerzeit gehört!

Ich schrieb: 
"Und das finde ich nun in der Tat extrem unelegant. Erst streicht Illig 300 Jahre, weil sie schlecht belegt sind. Dann postuliert er zwischen 614 und 911 bis zu 50 Jahre, aus denen er uns leider, leider ganz und gar nichts erzählen kann. Jetzt verlegt er den Beginn der Phantomzeit nach vorne ins 6. Jahrhundert."
Sie antworten: 
"Das ist absichtlich missverstanden: Bei einem Anderen würde ich von "bewusster Lüge" sprechen."
Mit diesem Vorwurf würde ich mich gern auseinandersetzen, aber Ihre Erklärung habe ich nicht verstanden. Also bitte nochmal: was habe ich angeblich mißverstanden oder gelogen?

Resümieren wir gleichwohl den derzeitigen Stand Ihrer Argumentation. Die fünfhundert Jahre von 500 bis 1000 sind schlecht belegt. Niemand mit ein bißchen Ahnung wird Ihnen widersprechen. So what? Deuten sich da neue befestigte Rückzugslinien für die Phantomzeitler an? 
Wenn ja - warum haben Sie sich dann noch in der letzten Woche abgemüht, 614 und 911 mit grobem Stich zu vernähen?
Wenn nein - warum bleiben wir dann nicht bei 614 und 911 und wenden uns wieder den verschiedenen Facetten des immer gleichen Kernproblems zu
- Vor der Phantomzeit ist an einen Islam nicht zu denken / nach der  Phantomzeit steht der an den Grenzen Frankreichs und Indiens. Wie das?
- Vor der Phantomzeit ist an Normannen nicht zu denken / nach der Phantomzeit stehen sie in Nordfrankreich. Wie das?
- Vor der Phantomzeit ist an Ungarn nicht zu denken / nach der Phantomzeit sind die ständige Landplage. Wie das?
- Vor der Phantomzeit stehen die Westgoten in Spanien. Oder wohin sind sie nach phantomzeitlichem Marschbefehl gezogen, nachdem sie 410 bei Rom aufgetaucht waren? Etwa nicht über Südfrankreich nach Spanien? Wohin sonst? Oder waren auch schon die Berichte über 410 gefälscht? 
- In Italien gehen Sie soweit, zu behaupten, der Norden und die Mitte hätten nach Illigs Kartenentwurf für 614 bereits damals zum Frankenreich gehört. Die Langobarden hätten keine echten Zeugnisse hinterlassen, keine Baudenkmäler, nur gefälschte Königsurkunden. Also gut! Ich schenke Ihnen die Langobarden. Alles Erfindung. Dann darf ich aber jetzt darauf bestehen, daß Sie mir jede Menge fränkische Funde aus dem Italien um 614 nachweisen. Schön wäre auch, wenn Sie mir erklären könnten, wann und unter welchen Umständen die Franken vor 614 Italien erobert haben. (Und wenn das alles erledigt ist, dann bleibt der unlösbare Rest: die Fälscher der Phantomzeit hatten ohnedies mehr als reichlich Arbeit am Hals. Warum dann Langobarden erfinden, an die sich weder vor noch nach der Phantomzeit irgendwer erinnern könnte, weil sie schlichtweg nie existiert haben?)

Nehmen wir an, Sie könnten für jeden der spärlichen fränkischen, omaijadischen, westgotischen, langobardischen, etc. Funde eine falsche Zuordnung nachweisen, Sie könnten jede Schriftquelle als Fälschung entlarven (was Ihnen nie gelingen wird) - am Ende bliebe doch immer noch das Problem, daß wir nach der Phantomzeit Rauch sehen, vor der Phantomzeit aber niemand sehen, der Feuer macht.

Abschließend wage ich eine Prognose. Sie müssen ausweichen. Sie brauchen einen Rückzugsraum - und das sechste Jahrhundert wird dazugehören. Deshalb eine Kleinigkeit, nur mal so vorab, bevor wir demnächst bis zum Hals in den Details stecken: was ist eigentlich mit Procopius von Caesarea? Authentisch oder erfunden?

Gutes neues Jahr!

6. Frage an Herrn Lelarge

So geht das nicht, Herr Lelarge! Erst das ganz große Rad drehen, und dann kneifen:
"Es ist Dein Problem. Ein vernünftbegabter Mensch sähe problemlos ein, dass eine so junge These von so wenigen Hobbyforschern noch nicht so wasserdicht gemacht werden kann, dass keine Fragen mehr offen blieben."
Zur Erinnerung: Ihre Freunde haben die Mediävistik herausgefordert und gnadenlos am Nasenring vorgeführt für jeden falsch datierten Fund und jede aus Gründen der Datenkonservierung abgeschriebene Urkunde. Nichts dagegen! Kann man so machen! Aber dann winselt man nachher nicht rum, wenn Gegenfragen kommen, für die man keine Antwort hat.

Es geht doch noch um die Leistungsfähigkeit der Hypothesen, oder? Ich gebe bereitwillig zu, daß Illigs Hypothese eine mögliche Erklärung für die bedauerliche Seltenheit von Bodenfunden, Baudenkmälern und die Vielzahl abgeschriebener Urkunden ist. Das kann man ihr nicht absprechen.
Aber nun geben Sie auch zu, daß Illigs Hypothese für eine Vielzahl von Fragen zur fränkischen "Innenpolitik", für das Entstehen des Islam, für die omaijadischen, westgotischen, normannischen, ungarischen und langobardischen Fragenkomplexe nicht ansatzweise Lösungen bietet. Wobei wir mit Byzanz, mit dem Papsttum, mit der Kirchengeschichte noch gar nicht angefangen haben. Bulgarenreich wird auch noch nett, Christianisierung Englands....und dann die Motivforschung: wozu das alles. Oder bescheidener: warum?

Fällt Ihnen das so schwer, zu sagen: ok - ich setze immer noch auf Illig, aber im Augenblick muß ich zugeben, daß seine Hypothese mehr Löcher aufreißt, als sie stopft?

Wobei Illig sich grundsätzlich in eine methodische Falle manövriert hat. Selbst wenn er das letzte Baudenkmal und den letzten Bodenfund widerlegt hätte, bewiese das nicht mehr und nicht weniger, als daß die Mediävistik nur Schriftquellen zu bieten hätte, von denen auch noch eine große Zahl nur abgeschrieben vorliegt.
Gelänge es aber der Mediävistik, Illig zu zwingen, nur einen einzigen Fund, eine einzige Quelle als authentisch anzuerkennen, dann bräche die ganze Phantomzeit-Hypothese zusammen.
Daher der Eiertanz. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Ich hatte Sie in meiner letzten News gefragt, ob Sie folgende Funde als  Beleg für die Existenz der spanischen Omaijaden während der Phantomzeit anerkennen?
Halb-Dinar aus dem omaijadischen Spanien, ca. 715, Gold, Dm. 11 mm, Paris, Bibliothèque Nationale
Dirham des Emirs Abd-Ar-Rahman I., geprägt in Cordoba 770/771, Silber, Dm. 28 mm, London, British Museum

Und noch eine Frage hatten Sie zu beantworten vergessen:
Laut Illigs Kartenentwurf für 614 soll Oberitalien bereits damals zum Frankenreich gehören. Ich sehe jetzt einmal davon ab, daß diese These keine Erklärung für das Verschwinden der Langobarden anbietet. Nein, ich mach das jetzt mal ganz genau wie Sie: Wo sind die fränkischen Funde aus Oberitalien um 610?
In Ihrer letzten News hatten sie die Frage unbeantwortet gelassen.

Abschließend zu den thüringischen Nicht/Funden:
Weimar liegt an der Ilm, einem westlichen Nebenfluß der Saale, die ihrerseits wiederum westlicher Nebenfluß der Elbe ist.
Wahrscheinlich schon seit Ende des 5. Jahrhunderts, mindestens aber seit Beginn des 6. Jahrhunderts, gehört das Gebiet westlich der Saale (mit Weimar) zum fränkischen Reich. Die thüringische Mark jedoch - das Gebiet östlich der Saale bis zur Elbe (also ohne Weimar) - kam, nach dem vergeblichen fränkischen Vorstoß von 531 erst 806 zum Frankenreich und war auch dann noch kein sicheres Frankenland.
Sie sehen also: vor-phantomzeitliche Frankenfunde in Weimar können logisch problemlos mit karolingisch/phantomzeitlicher Fundleere in der Thüringischen Mark koexistieren. Was logisch nicht koexistieren kann ist lediglich, daß Sie mich nach karolingischen Funden fragen und dann mit vorkarolingischen Funden aus einem Gebiet kontern, von dem gar nicht die Rede war.

Und nun zum Abschluß nochmal zurück in die Mühen der Ebene:
Genietete Eisenglocke genannt "Saufang" aus St. Cäcilien, Köln, zwischen 575 und 651, Kölnisches Stadtmuseum, Auswahlkatalog 1984 ... echt oder falsch? ...

Inzwischen habe ich Ihre ergänzende zweite Antwort auf meine 5. Frage gelesen. Wenn Widukind von Corvey (925 bis nach 973, schriftstellerisch aktiv ab ca. 940) die Ungarn als Hunnen (Chuni) bezeichnet - was beweist das? 
Ganz gleich, wie man sie bezeichnet - im 10. Jahrhundert waren sie zweifelsfrei da. Und vor 614 nicht.
Also muß inzwischen was passiert sein. Und wenn etwas passiert sein muß, kann die Phantomzeit nicht leer sein.

Sie haben es ja noch nicht ausgesprochen, aber mir schwant schon das Furchtbare, worauf Sie diesmal hinauswollen: Wahrscheinlich soll jetzt die Brücke geschlagen werden zwischen Attilas Hunnen von 450/51 und den Ungarn des 10. Jahrhunderts. Und als Pfeiler (so würde ich es jedenfalls an Ihrer Stelle machen) werden die "Hunnen" aus Gregor von Tours, Fränkische Geschichte, IV. Buch, Kapitel 23 und 29 mißbraucht.

7. Frage an Herrn Lelarge, 6. Januar 2000

Sie verblüffen mich. Ich dachte, abgesehen von den elf Fundstellen wären alle omaijadischen Funde aus dem phantomzeitlichen Spanien bereits falsifiziert. Jetzt merke ich, daß die Zeitensprüngler sich offenbar mit bestimmten Funden so wenig auseinandergesetzt haben, daß sie nicht einmal Abbildungen kennen. Und das, obwohl die von mir angeführten Stücke keineswegs nur in entlegenen Museumspublikationen beschrieben sind, sondern in Standartliteratur mit zigtausender Auflage. War es da nicht ein bißchen vollmundig, zu dekretieren, in Spanien wäre zu wenig gefunden worden?

Halb-Dinar aus dem omaijadischen Spanien, ca. 715, Gold, Dm. 11 mm, Paris, Bibliothèque Nationale
Dirham des Emirs Abd-Ar-Rahman I., geprägt in Cordoba 770/771, Silber, Dm. 28 mm, London, British Museum
Abbildungen in:
Propyläen Kunst Geschichte, Band 4, Sourdel-Thomine/Spuler, Die Kunst des Islam, Frankfurt 1984, Abb. 109a-c
Echt oder falsch?

Eine kurze Anmerkung zu einer phantomzeitlichen Frage, die auf Ihrer Homepage aufgeworfen wird. Dort wird unter anderem gefragt, warum es noch jahrhundertelang nach dem Tod Karls des Großen in Aachen keinen Karlskult gegeben habe. Die Antwort ist denkbar simpel: Karl wurde erst 1165 heiliggesprochen. War das phantomzeitlicherseits nicht bekannt?

Ferner reißen Sie auf Ihrer Homepage eine Problematisierung der karolingischen Wirtschaftskraft an. Sie war sicherlich nicht so groß, wie die propagandistische Überlieferung späterer Jahrhunderte uns (oder vielmehr den damaligen Zeitgenossen) weismachen will. Aber sie hat auch nicht auf Tauschwirtschaft basiert - zum Leidwesen der Phantomzeitler, die sich auch hier wieder mit archäologischen Funden konfrontiert sehen, die sie nicht aus der Welt reden können.
So finden Sie beispielsweise im Rheinischen Bildarchiv Köln eine Münze Ludwigs des Frommen (814-840) mit der Aufschrift 'COLONIA'. Wenn Ihnen die Suche dort zu entlegen ist, können Sie die Abbildungen auch nachschlagen in
Peter Fuchs (Hrsg.), Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Band 1, Köln, 2. überarbeitete Auflage 1992 
Ist die Münze echt oder gefälscht?

Letztesmal hatte ich wiederum vergeblich nach archäologischen Funden gefragt, mit denen Illig seinen Kartenentwurf für 614 untermauern könnte, laut dem Oberitalien schon damals zum Frankenreich gehört hätte.
Kommt da noch was?

Jetzt möchte ich Sie noch an einem Kölner Beispiel auf eine bisher unbedachte Kategorie von Problemen aufmerksam machen, die entsteht, wenn wir die phantomzeitlichen Thesen akzeptieren und konsequent zuende denken.
Mädchenstift und Kirche St. Maria im Kapitol. 
Ab dem 11. Jahrhundert wird die Hallenkrypta der Kirche in die Rheinuferböschung gebaut. 
Lange vorher, um 700 oder noch etwas früher hätte aber schon Plectrudis das Mädchenstift St. Maria im Kapitol gegründet. Das behaupten die Quellen, beispielsweise die Historia Francorum Steinveldensis. Aber wir wollten ja Illig folgen. Also nehmen wir an, die Quellen sind gefälscht, ein Jahr 700 und eine Plectrudis habe es ebensowenig gegeben wie ihren Sohn Karl Martell usw. usf..
Nur stoßen wir dann auf ein Problem, nämlich darauf, daß zum Baubeginn der Kirche das mächtige und reiche Stift schon lange existierte. Es muß also Stifter gegeben haben, und zwar Leute mit enormer wirtschaftlicher und politischer Potenz und dementsprechend großer Bekanntheit.
Und hieraus ergeben sich zwei Fragen:
a) Warum sollten solche Stifter sich von fälschenden Chronisten die Ehre abschneiden lassen? Warum sollten sie auf das zeitliche und ewige Verdienst, das mit einer solchen Stiftung verbunden war, verzichten zugunsten einer Plectrudis, die es nie gegeben hatte? Warum sollten sie stillhalten und sich demütigen lassen, bis zu dem Grad, daß die erfundene Stifterin Plectrudis schließlich in der Kirche St. Maria im Kapitol in ein höchst reales Grab mit einem höchst realen Grabstein gelegt wird?
b) Stifter von solcher politischer und wirtschaftlicher Potenz müssen sehr bekannt gewesen sein. Selbst wenn die realen Stifter selber also in eine Umwidmung der Stiftung auf die erfundene Plectrudis eingewilligt hätten, bliebe die Frage, wie die Fälscher das tausendfach verbreitete Gedächtnis an einen so denkwürdigen Vorgang ein für allemal getilgt haben könnten. Es muß doch einen Haufen Leute gegeben haben, die sich fragten: komisch, wir wissen ganz genau daß Königinwitwe x oder Herzog y das Mädchenstift gestiftet haben. Weshalb ist jetzt plötzlich von dieser obskuren Plectrudis die Rede?

Bis zur nächsten Woche freundliche Grüße

Köln - trotz Phantomzeit! (14.1.2000)

Sehr geehrter Herr Lelarge,

ich nehme zur Kenntnis, daß Ihrer Ansicht nach die von mir erwähnte Ludwigsmünze keine Münze ist, sondern eine später nachgeprägte Medaille. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich dies für eine Ausrede halte.

Bezüglich der islamischen Münzen nehme ich zur Kenntnis, daß ich sie nicht als Beweis vorlegen darf, solange ich nicht auch ohne meinen Beweis beweisen kann, daß es im phantomzeitlichen Spanien Omaijaden gab. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die Hedschra, nach der Sie mich in der Newsgroup fragen, obwohl jedes Taschenlexikon darüber Auskunft gibt, ist die Auswanderung des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina im September 622 u.Z. . Er drang mit seinen Lehren nicht durch und mußte sich ein neues Publikum suchen. Mit diesem Ereignis beginnt die islamische Zeitrechnung. 

Und nun zu Köln.

Ich kann es nicht mehr hören, daß Köln angeblich keine phantomzeitlichen Schichten haben soll!
Sie brauchen nicht einmal den Dombaumeister anzurufen, um einen Besuchstermin für das Untergeschoß des Doms zu vereinbaren. Sie brauchen bloß in die Tiefgarage unter der Domplatte zu fahren und auszusteigen. Da können sie dann auf den nichtvorhandenen Schichten herumlaufen und werden über kurz oder lang auf den Atriumbrunnen des Alten Domes stoßen.
Unter dem heutigen, gotischen Kölner Dom sind die Fundamente und Mauerzüge mehrerer Vorgängerbauten mit Anmeldung für die Öffentlichkeit zugänglich. Im 9. Jahrhundert, also IN der Phantomzeit wurde dort als Nachfolgebau spätantiker und frühmittelalterlicher Vorgänger der sogenannte Alte Dom gebaut und zwischen 870 und 873 geweiht.
Die Kirche war eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit zwei Querannexen. Im Westen war  ihr ein fast hundert Meter langes pro fanium (vor dem Heiligtum) in Form eines Atriums vorgelagert. Mauerzüge des Atriums können Sie ebenso noch heute anfassen, wie den Brunnen in der Tiefgarage, den Ost-/Marienchor und den West-/Petruschor.

Soviel dazu. Nur für den Fall, daß Sie einer Datierung IN der Phantomzeit schon aus Prinzip widersprechen möchten, habe ich hier noch ein Dom-Schmankerl NACH der Phantomzeit. Unter Erzbischof Bruno (953-965),  also definitiv NACH der Phantomzeit - das Fälschen hatte ein Ende genommen und wir können auch den Schriftquellen wieder trauen - wird der Alte Dom um zwei Schiffe auf fünf Schiffe erweitert.

Wie das? 

Wie sollte der Bau NACH der Phantomzeit auf fünf Schiffe erweitert werden, wenn nicht IN der Phantomzeit die ursprünglichen drei Schiffe gebaut worden waren? Denn eins ist ja wohl klar: ein solcher Bau, der die halbe Christenheit beschäftigte, kann nicht VOR der Phantomzeit entstanden sein, ohne daß wir davon erfahren hätten. Gregor von Tours beispielsweise erwähnte sehr wohl das viel kleinere St. Gereon in Köln. Warum hätte er den neuen Prachtbau verschweigen sollen?

Zudem haben Sie großes Glück, weil es im Bereich der Sakristei und der nördlichen Chorhälfte des heutigen Domes derzeit statische Probleme gibt. Wäre das nicht so, dann hätte man längst das karolingische Baptisterium ausgegraben, das knapp außerhalb des heutigen Mauerwerks im Scheitelpunkt des Chors liegt.

Aber auch andere Kölner Kirchen geben was her.

(St. Gereon natürlich nicht. Der Bau, von dem Gregor spricht, war antik. Der Nachfolger war schon romanisch, enstand also NACH  der Phantomzeit.)

Obwohl schon anhand der Plectrudis-Problematik bei St. Maria im Kapitol festzustellen war, daß Sie die Zusammhänge zwischen Stift- und Kirchenbau gern verwischen möchten, probiere ich es noch einmal:

St. Cäcilien (wo die Glocke "Saufang" hing, die Sie mit leichter Hand umdatierten). Die heutige Kirche entstand zwischen 1130 und 1166 unter Verwendung von Mauerzügen eines Damenstifts aus dem 9. Jahrhundert. Also ist IN der Phantomzeit doch gebaut worden.

Das Chorherrenstift bei St. Severin ist ab 866 bezeugt. IN der Phantomzeit!

Das Stift bei St. Kunibert ist ebenso seit dem 9. Jahrhundert bezeugt. Übrigens bringt hier schon der bloße Name der Kirche die Phantomzeitler in peinliche Verlegenheit. St. Kunibert ist benannt nach dem gleichnamigen Bischof Kunibert (623-663).

Wie kommt es, daß NACH der Phantomzeit in Köln eine Kirche steht, die nach einem Bischof benannt ist, den es gar nicht gegeben haben kann, weil er IN der Phantomzeit lebte und regierte?

Plectrudis - trotz Phantomzeit! (21.1.2000)

Herr Lelarge, 

Mitte letzter Woche überfielen Sie mich mit dem folgendem Ausbruch zum Plectrudis-Komplex:

"Deine Fragen ergeben sich aus einleitenden Unterstellungen/Lügen, die eine korrekte Antrwort unmöglich machen, weil die Vorrausstzungen entfallen. Das sind die nachvollziehbaren Fakten aus dem DUMONT
Kunst-Reiseführer "Kölns romanische Kirchen" (S.166f) - und ich habe die Lügen oben durch eine Zahl markiert. So ** (X) **
** (X) **  "Denn Plectrudis hatte offensichtlich keinen Damenkonvent gegründet, denn sonst wäre sie längst als heilige, wie viele ihrer Verwandten verehrt worden.  Auch wird nach Gründung des Benediktinerinnenklosters St. Maria im Kapitol  mehrfach als das »neue« Kloster gegenüber dem »alten« von St. Caecilien bezeichnet. Hätte es schon füher fromme Damen in St. Maria im Kapitol gegeben, wäre ds wohl nicht gesagt worden."
Diese verlogenen Fragen wurden ja wie üblich hier veröffentlicht. Schade, dass der geneigte Leser DORT nicht die Wahrheit erfährt! Ach komm, bist auch nur ein armer Hund- ich helfe dir beim Leute bescheißen:  "

(Es folgt meine URL zur Illigdebatte)

Ich antwortete Ihnen ausführlich, warum die Argumentation aus dem Reiseführer nicht stichhaltig ist.
Am nächsten Tag bestritten Sie, daß es sich bei Ihrer Quelle um einen Reiseführer handele und trumpften damit auf, der Autor sei Direktor des Kölnischen Stadtmuseums. Auf meine Argumente gingen Sie dabei nicht ein.

Ich wiederholte noch einmal meine Argumente. Sie wiederholten Ihren Direktor.

Ich versuche es jetzt ein letztesmal:

Ob Plectrudis nach einer Stiftung  als Heilige verehrt worden wäre - übrigens wie *welche* Verwandten? - wäre ja noch ziemlich fraglich gewesen, nachdem sie im Machtkampf gegen ihren eigenen Sohn Karl Martell, den sie gefangen gehalten und bekriegt hatte, unterlegen war. Karl Martell jedenfalls hat bestimmt nicht die Heiligsprechung seiner Mutter gefördert. Da konnte sie noch so viele Stifte stiften. Da hat sich der Reiseführer einen ziemlich kurzen Kurzschluß geleistet.

Mit der Rechnung ab St. Cäcilien verhält es sich eher umgekehrt. Vor 889 ist dort ein Frauenkonvent gegründet worden. Behalten Sie das gut im Gedächtnis - Sie argumentieren mit einer Gründung IN der Phantomzeit.
962 ist dann die Schwester Erzbischof Brunos Äbtissin des Konvents St. Cäcilien. Und der Erzbischof, der dem Konvent seiner Schwester Grundstücke schenkt, bezeichnet ihn in der Schenkungsurkunde als monasterium vetus = Altkloster. Entweder tut er seiner Schwester damit nur einen Gefallen, oder er zählt korrekt, was ja zumindest hieße, daß es zu diesem Zeitpunkt ein neues Kloster gegeben haben muß. 

Welches Kloster könnte dieses "neue" nun sein?
Einerseits möglicherweise St. Maria im Kapitol, das zuvor eine Weile leergestanden haben muß, denn Bruno siedelt dort zwischen 953 und 965 Benediktinerinnen aus Remiremont (Vogesen) an.
Genausogut könnte das "neue" Kloster aber auch St. Andreas sein, wo unter Erzbischof Herrmann I. (889-925) ein Damenstift entstanden ist. Bruno errichtet in St. Andreas zusätzlich ein Chorherrenstift, für das er die Kanoniker aus - St. Maria im Kapitol holt. So völlig leer kann St. Maria im Kapitol also doch nicht gestanden haben. Man sieht, die Situation könnte verworrener kaum sein.

Hinzu kommt noch das Standortargument. Unter der Kirche St. Maria im Kapitol ist der römischeTempel der kapitolinischen Trias Jupiter, Juno und Minerva ausgegraben. Es ist kaum glaubhaft, daß man vor dem 10. Jahrhundert nicht versucht haben soll, diesen zentralen strategischen Punkt des Heidenkults durch eine Kirchengründung zu besetzen. 

Aber nehmen wir trotzdem einmal an, Ihre Quelle hätte recht, und versuchen, die Konsequenzen zu analysieren:

Wir müßten also davon ausgehen, daß vor Brunos Ansiedlung der Remiremonter Benediktinerinnen St. Maria im Kapitol nicht leergestanden hätte, sondern schlicht nicht existierte.
Wir hätten also Einen Neubau. Weiterhin hätten wir die nicht existierende Stifterin Plectrudis eines niemals existert habenden Stifts. Und keine Beziehung der Benediktinerinnen zur nichtexistenten Stifterin Plectrudis des nichtexistenten vorhergehenden Mädchenstifts St. Maria im Kapitol.

Gleichwohl türkt man später eigens für diese nichtsnutzige, nichtexistente Plectrudis ein leeres Grab in ebenjener Kirche, mit der sie angeblich nie zu tun hatte.  Wohl wissend, *daß* sie nie etwas mit St. Maria im Kapitol zu tun hatte, denn man vergleicht sich ja mit St. Cäcilien, statt mit dem Vorgängerstift am selben Fleck.

Wozu Herr Lelarge? Cui bono?

Einen Rechtstitel kann man sich nicht damit erschleichen. Plectrudis kann man damit nicht ärgern, denn es hat sie ja ebensowenig gegeben, wie ihr Stift. Einer realen Stifterfamilie kann man damit weder Vorteile noch Nachteile verschaffen, denn: kein Stift - keine Stifterfamilie.

Bliebe noch, daß man fälscht, quasi nur um die Zeit mit irgendetwas "vollzukriegen". 

Man geht also zu den Benediktinerinnen, die von keiner Plectrudis wissen, weil es weder die Frau noch das Vorgängerstift jemals gab. Man sagt ihnen: Tut uns leid, Mädels, aber wir müssen jetzt euren Ruf ein bißchen ramponieren. Ihr zählt jetzt nicht länger ab dem seriösen St. Cäcilien. Nein, ihr zählt ab einem fiktiven Plectrudisstift. Leider klappt das nicht ganz, denn laut Ihrem famosen Reiseführer wird ja trotzdem weiter ab St. Cäcilien gezählt. Trotzdem - obwohl die Benediktinerinnen einerseits bei der Wahrheit bleiben - wird in St. Maria im Kapitol von denselben seriösen Benediktinerinnen das Grab der Plectrudis angelegt. Und dieselben Benediktinerinnen bezahlen brav den Grabstein, wohl wissend, daß es die Frau Plectrudis, die im leeren Grab nicht liegt, nie gab. Und sie tun es im festen Entschluß, mit Plectrudis rein gar nichts zu tun haben zu wollen, denn man zählt ja brav weiter ab St. Cäcilien.

Bis heute habe ich von Ihnen keine Stellungnahme zur Sache. Kommt da noch irgendwelche Substanz, oder muß ich mich damit abfinden, daß der oben zitierte Ausbruch den Höhepunkt Ihrer Argumentation dargestellt hat?

Köln, St. Kunibert - trotz Phantomzeit! (21.1.2000)

Vehrerter Herr Lelarge, ich beziehe mich auf 

Peter Fuchs (Hrsg.), Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Köln 1992

614 - Ende gesicherter Überlieferung, da laut Illig Phantomzeit beginnt

633 - mutmaßliches Todesjahr des Bischofs Kunibert, der an der Stelle der späteren Kirche seines Namens in einer dem hl. Papst Clemens geweihten Kirche beigesetzt wird. Wahrscheinlich existiert schon zu dieser Zeit der bis heute in der Krypta erhaltene Brunnen, der 'Kunibertspütz'
(Unter Fälschungsaspekt ist interessant, daß die Fälscher nicht sogleich den von Kunibert ca. 625 gegründeten Bau als St. Kunibert bezeichnen. Die Gründung ist fiktiv, der Gründer ist fiktiv, warum also nicht gleich Nägel mit Köpfen?)

vor 735 - berichtet Beda, König Pippin habe hier 687 die Gebeine der beiden Märtyrer Ewaldus aus Norddeutschland beigesetzt

866 erste Erwähnung eines "monasterium des hl. Kunibert" in der Güterumschreibung des Erzbischof Gunthar (850-870)
(unter Fälschungsaspekt ist interessant, daß noch immer keine Gebeine Kuniberts oder der hl. Ewalde erhoben  sind)

9. Jahrhundert: erste archäologisch nachweisbare Saalkirche mit Rechteckchor im Osten

NACH der Phantomzeit, gesicherte Überlieferung:

1074 - Erzbischof Anno II. erhebt die Gebeine der hl. Ewalde

1168 (d.h. 257 Jahre nach Ende der phantomzeitlichen Fälschungsaktion)  - Erhebung der Gebeine des hl. Kunibert

Frage - warum verfährt man in folgenden Schritten:
1. Erfindung eines hl. Kunibert, den es nie gab
2. Erfundene Kirchengründung durch ebendiesen Kunibert wird nicht nach ihm benannt, sondern nach früherem Papst.
3. Erfundener Tod des erfundenen Kuniberts
4. Erfindung eines Klosters des hl. Kunibert (immer noch ohne an die Gebeine zu denken)
5. In historischer Zeit/also NACH Phantomzeit Erhebung der norddeutschen Heiligengebeine (Ewalde) - immer noch ohne sich um Kuniberts Knochen zu kümmern. Das Kloster wächst, blüht und gedeiht, wird mit Reliquien ausgestattet, mitnichten jedoch nach den norddeutschen Reliquien benannt. (Wieso hat man dann für die erfundenen Namen reale Knochen ausgegraben?)
6. Erst 1168 ergibt sich die Notwendigkeit, Kuniberts Gebeine zu erheben.

Nicht zu absurd? Wenn nein, dann

Mit freundlichen Grüßen Erklärung erbeten durch
Stefan Frank

Kölner Dom - trotz Phantomzeit! (21.1.2000)

Sehr belesener Herr Lelarge, 

Anfang der Woche schrieb ich als Antwort zu Ihrer zunächst sang- und klanglosen Ablehnung karolingischer Schichten unter dem heutigen, gotischen Kölner Dom:
"Mit Ihrer ausnahmsweise einmal präzisen Angabe, daß Bau VII ottonisch sei, haben Sie sich selber ein Bein gestellt. Hatte ich das bestritten? Ich hatte doch vom karolingischen Bau gesprochen. Und das ist Schicht VI."

Sie antworteten und belegten ausführlich, daß auch Schicht VII unter Karolingerverdacht gestanden habe, der jedoch ausgeräumt sei. Das hatte ich in der Tat überlesen. Hab ich was gelernt. Leider bin ich bis jetzt nicht dazu gekommen, noch einmal auf Schicht VI einzugehen - entschuldigt hatte ich mich bereits dafür.

Ich beziehe mich im folgenden auf : Binding/Kahle, 2000 Jahre Baukunst in Köln, Köln 1983

Zu Schicht VI heißt es dort (a.a.O., S. 23): "Erzbischof Hildebold (ca.787-818), seit 791 archicapellanus und seit 794 dauernd am Hofe Karls des Großen als engster Vertrauter des Kaisers, wird in der handschriftlichen Chronik 'Agrippina' (Ende 15. Jahrhundert) als Erbauer des Kölner Domes genannt. Diese Nachricht wird mit dem Bau VI in Verbindung gebracht, den O. Doppelfeld und W. Weyres seit 1946 unter dem gotischen Dom ausgegraben haben."

Und zu Schicht VII heißt es - was ich überlesen hatte - (a.a.O., S. 30): "Die Ausgräber [nämlich Doppelfeld/Weyres, wie oben] weisen den Neubau noch Erzbischof Hildebold (ca.787-818) zu und bringen ihn mit einer überlieferten Weihe von 870 unter Erzbischof Willibert in Verbindung, während I.Achter, G.Binding und A. Verbeek erst eine Entstehung unter Erzbischof  Bruno annehmen, der nach seinem Biograph Ruotger den Dom erweitert hat, was Levold von Northof (1278-1359) durch die Angabe 'um eine Apsis an jeder Seite' ergänzt.  ...  Bau VII hat mit geringen Veränderungen (Anbau von zusätzlichen äußeren Seitenschiffen) bis zum gotischen Neubau 1248 bestanden."

Ich wiederhole meine Frage: was machen Sie jetzt, Herr Lelarge? Über Schicht VII sind wir beide uns - mit allen Spezialisten - einig. Sie ist ottonisch. 

Aber Schicht VI ? Postulieren Sie einen ottonischen Vorgängerbau VOR  Erzbischof Brunos (953-965)  Bau? Folglich müßten zwischen 918 (ich rechne großzügig ab Heinrich) und 965 in Köln zwei Dome gebaut worden sein.

Oder stimmen Sie mir zu, daß Schicht VI karolingisch ist?

Oder weichen Sie VOR die Phantomzeit aus und schlußfolgern, Schicht VI sei vor 614 entstanden? Ich möchte Sie allerdings prophylaktisch darauf hinweisen, welche Konsequenzen das hätte. Bau I stammt vom Ende des 4. Jahrhundert und ist eine Kirche mit östlichem Atrium. Diese Schlußfolgerung hätte zur Konsequenz, daß gut 200 Jahre lang - vom Ende des 4. Jahrhunderts bis 614 - durchschnittlich alle 35 Jahre in Köln ein neuer Dom gebaut worden wäre.

Jetzt bin ich mal gespannt.

Ach ja, noch was: was ist mit dem St. Galler Klosterplan? Auf wann datieren Sie den? Ich frage wegen der frappierend ähnlichen Doppelchörigkeit im Vergleich zu Bau VI.

Phantomzeitliche Münztaktik (21.1.2000)

Hallo, Herr Lelarge,

gar nicht ungeschickt, wie Sie sich an Ludwigsmünzen abrackern und wie ausführlich Sie sich mit Münzen Ludwigs aus dem Paderborner Katalog befassen, geprägt, nachgeahmt oder gefälscht in Dorestad, Frankfurt oder sonstwo, entweder für den Geldverkehr oder für nicht näher erläuterte Zeremonialzwecke. Ich habe dazu geschwiegen, weil ich mir anschauen wollte, wie weit Sie dieses Spielchen treiben. 

Dabei soll aber eine Kleinigkeit nicht in Vergessenheit geraten  -  ich hatte Sie nach einer anderen Münze gefragt:

Goldmünze Ludwigs des Frommen (814-840) abgebildet in:
Peter Fuchs (Hrsg.), Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Band 1, Köln, 2. überarbeitete Auflage 1992 
Abb. 167
Vorderseite: 
Kreuz im Zentrum - vollständiger Perlkranz - Umschrift: IMP(erator)+HLVDOVYICUS - Perlkranz um  Münzrand (Prägestempel nur zu ca. 1/3 aufgesetzt)
Rückseite:
Aufschrift:     COLO....(Zeilenwechsel)...NIA - Perlkranz am Münzrand (Prägestempel zu ca. 6/7 aufgesetzt)
Echt oder falsch?
Und darf ich fragen, weshalb Sie mir bisher ausgewichen sind? 

Zum Vergleich empfehle ich eine weitere Münze des Sancta-Colonia-Typs.  Peter Fuchs, a.a.O., Abb. 181
Gemeinsame Münze Kaiser Ottos I. und seines Bruders Erzbischof Bruno, ca. 965

Danach dürfte Ihnen der Unterschied zwischen karolingischen und ottonischen Münzen der Prägestelle Köln klar sein.

Venedig  - trotz Phantomzeit! (21.1.2000)

Guten Tag, Herr Lelarge!

Sind wir uns einig, daß es schon VOR der Phantomzeit Lagunenbewohner gegeben hat? Erkennen wir vielleicht sogar gemeinsam den Brief Cassiodors als legitime Quelle an?
Wie dem auch sei, fest steht, es gab schon sehr früh Lagunenbewohner, die stets bestrebt waren, das Maß ihrer Unabhängigkeit von den jeweiligen Herren Norditaliens und von Byzanz zu vergrößern. Bis hierhin einverstanden, Herr Lelarge?

Ich will sie nicht damit erschrecken, daß der Bischof von Altino im 7. Jhdt. seinen Sitz nach Torcello verlegte. Den dritten Dogen, Orso (726-737) überschlagen wir, mitsamt der Tatsache, daß bei seiner Wahl zwischen Papst Gregor II. und dem byzantinischen Kaiser Leo III. Spannungen über das Bilderverbot herrschten und die Venezianer halfen, den byzantinischen Exarchen von Ravenna zu entmachten. Meinethalben auch kein Angriff Pippins von 810, kein Diebstahl der Gebeine des Hl. Markus in 828, keine dalmatische Schiffsexpedition von 838 und keine Schlacht gegen die Ungarn 899.

Auch das Maß venezianischer Unabhängigkeit von den norditalienischen Festlandsherrschern interessiert mich zunächst nicht.

Ich will Ihre Aufmerksamkeit auf das Verhältnis Venedig-Byzanz lenken. Und hier fällt etwas auf.
Im Jahr 1082, also NACH der Phantomzeit, tituliert der byzantinische Hof den Dogen erstmals mit "Protesevastos", was einen außerordentlich hohen Rang darstellt, auf einer Stufe mit den nächsten Verwandten des Kaiser.

Die Schulgeschichtsschreibung berichtet, daß es Vorstufen für diese Titulierung gegeben habe. Zunächst Tribun, ab 697 "Dux", später "Ypatos" (Konsul), im Jahr 806 oder 807 dann für Obelerius den Titel "Spatharios", schließlich "Protospatharios" ab 879. Dann lange keine Veränderung - bis zu dem erwähnten Qualitätssprung von 1082.

Laut Illig muß diese scheinbar so natürliche Entwicklung erfunden sein. Wenn aber diese Entwicklung nicht stattgefunden hat, hat es einen Sprung gegeben. Wie erklären Sie die Tatsache, daß der Chef von Venedig vor 614 noch ein schlichter Küstentribun ist, nach 911 jedoch mehrere Vorstufen übersprungen hat und von gleich auf jetzt den Titel "Protospatharios" trägt?

Wobei die Sache noch einen interessanten Nebenaspekt hat. Von Ihnen war oft zu hören, es sei gefälscht worden, um irgendwelche Rechtstitel zu untermauern, Vorteile zu erschleichen, Raubzüge zu legitmieren , etc.. Hier hätten wir jedoch den aparten Fall, daß Byzanz - gegen seine eigenen Interessen - ein zunehmend unabhängiges Venedig fälscht. Und dies auch noch ganz ohne Not, denn die Ereignisse aus der Phantomzeit, die zur wachsenden Unabhängigkeit Venedigs führten, hatten ja gar nicht stattgefunden. Demnach saßen 911 in Venedig noch dieselben treuen und abhängigen Küstentribune wie 614.
Frage: warum verschenkt Byzanz Venedig?

Dann hätte ich noch gern gewußt, auf wann Sie Ss. Maria e Donato in Murano datieren.

Und wo wir gerade in der Gegend sind, können Sie mir auch gleich erklären, wie die Verlandung des Hafens von Ravenna und der venezianischen Lagune stattgefunden haben soll - wenn 300 Jahre fehlen?

Byzanz - trotz Phantomzeit! (21.1.2000)

Guten Tag, Herr Lelarge!

Alle folgenden Abbildungen und Zitate aus
Vollbach/Lafontaine-Dosogne, Propyläen Kunst Geschichte, Band 3 - Byzanz, Frankfurt 1984

Hl. Demetrios zwischen dem Präfekten Leontios und Bischof Johannes, Mosaik, Thessaloniki, Hagios Demetrios um 629/43 (Abb. II)
Hierzu schreibt Vollbach (168) "...Der Hl. Demetrios in Tunika und Chlamys steht zwischen dem Bischof, der in den verhüllten Händen das Evangelienbuch trägt, und dem Präfekten mit Amtsstab. Der Heilige legt beiden Männern die Hände auf die Schulter. Das Mosaik befindet sich an einem Pfeiler vor dem Eingang zum Transept der fünfschiffigen Emporenkirche, die um 412/13 von Leontios gestiftet und am Ende des 5. Jahrhunderts errichtet wurde. Bischof Johannes gilt als der Initiator des Wiederaufbaus der Kirche nach einem Brand zwischen 629 und 643. ..."

Wir hätten also hier den Fall, daß VOR der Phantomzeit eine Kirche errichtet wird, die bis 614 unversehrt bleibt. IN der Phantomzeit brennt sie ab (was ja nicht stimmen kann, da die 300 Jahre leer waren). Ebenso IN der Phantomzeit wird sie von einem erfundenen Bichof Johannes wieder aufgebaut.
NACH der Phantomzeit wird dann ein Mosaik  gefälscht und IN die Phantomzeit datiert, um den erfundenen Brand und Wiederaufbau IN der Phantomzeit zu belegen.
Mich würde das Motiv interessieren, aus dem jemand nach 911 für eine ersichtlich unversehrte Kirche einen nicht stattgefundenen Brand und Wiederaufbau erfindet und dies dann durch Fälschung eines Mosaik belegt.

Erinnern Sie sich noch, wie Sie letzte Woche den byzantinischen Bilderstreit ratzeputz in die Phantomzeit entsorgten? Es gäbe keine Spuren von derartigen Ereignissen?

Gottesmutter, Apsismosaik, Instanbul, Hagia Sophia 867 (Abb. 10b.)
Hierzu schreib Vollbach (168) "...Während des Bilderstreits wurde im Bema und in der Apsis der Hagia Sophia die alte Mosaikdekoration auf der die Theotokos mit den Engeln zur Seite dargestellt war, zerstört und an ihrer Stelle ein Kreuz angebracht, wie es z.B. in der Hagia Eirene erscheint. Nach dem Bilderstreit, 867, wurde, wie aus der dort angebrachten Inschrift hervorgeht, die alte Komposition erneuert. Zwischen den Fenstern blieb das justinianische Goldmosaik erhalten.

Keine Spuren für den Bilderstreit? Wer fälscht sowas? Wozu? Welcher Staat erfindet einen philosophisch-theologischen Streit, an dem er - in einer Phantomzeit, die es nie gegeben hat - beinahe zerbrochen wäre?
Wer erfindet für sich selbst existentielle Gefährdung?